Ein Unternehmen zu gründen ist nicht leicht. Ein wichtiger Aspekt bei der Gründung ist, die jeweils passende Rechtsform zu finden.
Prof. Dr. Christian Stauf verschafft uns einen kleinen Einblick in die Welt der Rechtsformen. Er selbst hat nach seinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Kaiserslautern promoviert.
Für seine Leistungen erhielt er diverse Auszeichnungen, unter anderem den Wolfgang-Ritter-Wissenschaftspreis im Jahr 2018. Seit 2014 ist er geschäftsführender Gesellschafter der BEYOND innovation
UG (haftungbeschränkt) und wurde kürzlich zum Professor für Internationales Wirtschafts- & Intellectual Property-Recht an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden
berufen.
Neben seinen vielen Tätigkeiten ist Prof. Stauf auch Lehrbeauftragter der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie in Kaiserslautern für Handels- und Gesellschaftsrecht. Seine Erklärvideos auf YouTube kommen nicht nur bei den Studierenden gut an.
Das beigefügte Interview wurde im November 2022 mit Herrn Professor Stauf geführt:
Interviewer:
Prof. Stauf fangen wir doch erstmal ganz am Anfang an. Was sind Kapitalgesellschaften?
Prof. Dr. Christian Stauf:
Nun Kapitalgesellschaften zählen zu den Handelsgesellschaften. Sie haben eine eigene Rechtspersönlichkeit, d.h. als juristische Personen sind sie rechtlich verselbstständigt, können also klagen
und verklagt werden. Sie treten damit neben den Gesellschafter:Innen in Erscheinung und sind insoweit hinsichtlich ihres Bestands unabhängig von selbigen. Um es mal einfach auszudrücken: Wenn Sie
entscheiden, Ihre Beteiligungen an der BASF in Form von Aktien zu verkaufen, dann wird das Unternehmen deswegen nicht aufgelöst, sondern besteht ganz normal fort. Das ist bei
Personengesellschaften nicht notwendigerweise der Fall.
Zudem muss zur Gründung muss zunächst ein gewisser Kapitalstock aufgebracht werden. Man spricht vom Stammkapital, das als eigenes Vermögen vom Vermögen der Gesellschafter getrennt ist. Im
Gegensatz zu Personengesellschaften (bzw. der OHG oder KG), bei denen die persönliche und nicht die kapitalmäßige Beteiligung der Gesellschafter:Innen im Vordergrund steht, haftet die
Kapitalgesellschaft grundsätzlich selbst mit ihrem Gesellschaftsvermögen für die eigenen Schulden und nicht die Gesellschafter:Innen mit ihrem gesamten Privatvermögen.
Interviewer:
Welche Formen von Kapitalgesellschaften gibt es?
Prof. Dr. Christian Stauf:
Also die geläufigsten Formen von Kapitalgesellschaften sind sicherlich die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Aktiengesellschaft (AG) sowie die Kommanditgesellschaft auf Aktien
(KGaA). Daneben ist die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), kurz UG (haftungsbeschränkt), als Variante der GmbH zu nennen, die bis auf wenige Ausnahmen denselben Regelungen wie die GmbH
unterliegt. Die „Mini-GmbH“ oder auch „1-Euro-GmbH“ genannt ist speziell für Existenzgründer:Innen eine Alternative, die zu Beginn einen eher geringen Kapitalbedarf haben, da hier mit einem
geringeren als bei der GmbH gegründet werden kann.
Interviewer:
Und wie gründet man eine solche Kapitalgesellschaft?
Prof. Dr. Christian Stauf:
Der genaue Gründungsprozess hängt von der gewählten Gesellschaftsform ab. Im Vorfeld sollten Gründer:Innen sich eingehend Gedanken machen über den zu verwendenden Firmennamen, die Höhe des
Kapitalstocks, die Verteilung der Gesellschaftsanteile und ob ggf. bestimmte Genehmigungspflichten bestehen. In jedem Fall braucht es einen Gesellschaftsvertag (der auch „Satzung“ genannt wird).
Teilweise kann hier auf Musterverträge zurückgegriffen werden, die den Zeitaufwand und die Kosten gering halten. Die Satzung muss zwingend beim Notar beurkundet werden. Anschließend braucht die
Gesellschaft ein Geschäftskonto bei einer Bank, auf das die Gründer:Innen das vorher festgelegte Stamm-/Grundkapital einzahlen. Unmittelbar danach sollte die Eintragung ins Handelsregister sowie
ins Transparenzregister erfolgen und eine Steuernummer beim Finanzamt beantragt werden. Parallel hierzu erfolgt auch die Anmeldung des Gewerbes beim Gewerbeamt. Im letzten Schritt der Gründung
müssen sich die Gründer:Innen zudem noch bei diversen anderen
Institutionen (Bundesagentur für Arbeit, IHK bzw. HWK, Berufsgenossenschaft) melden.
Interviewer:
Das klingt nach einer Menge Arbeit. Welche Vor- und Nachteile gibt es bei einer Kapitalgesellschaft?
Prof. Dr. Christian Stauf:
Sie sagen es, als Nachteil von Kapitalgesellschaften ist sicherlich der vergleichsweise hohe Verwaltungsaufwand zu nennen. Die Gründung einer Kapitalgesellschaft ist an zahlreiche Formalitäten
gebunden (Gang zum Notar, Eintragung in Handels- und Transparenzregister usw.) und gestaltet sich dadurch in der Regel langwieriger und kostenintensiver als die Gründung einer
Personengesellschaft. Auch im weiteren Verlauf sind Aufwand und Kosten insbesondere für die (doppelte) Buchführung und den Jahresabschluss nicht zu unterschätzen. Hinzu kommt, dass mit Ausnahme
der UG (haftungsbeschränkt) ein recht hohes Mindestkapital von 25.000 EUR (GmbH) bzw. 50.000 EUR (AG, KGaA) notwendig ist. Nicht zuletzt ist auch der Steuernachteil von Kapitalgesellschaften
bzgl. Der Gewerbesteuer zu nennen. Hier kann nämlich kein Freibetrag geltend gemacht werden, was in der Konsequenz höhere Gewerbesteuerzahlungen zur Folge hat.
Der zentrale Vorteil einer Kapitalgesellschaft ist sicherlich in deren Haftungsbeschränkung zu sehen. Für ihre Verbindlichkeiten haftet die Gesellschaft selbst mit ihrem Gesellschaftsvermögen,
die Gesellschafter:Innen trifft grundsätzlich keine persönliche Haftung. Hierdurch können Existenzgründer:Innen das eigene finanzielle Risiko von vornerein auf ihre Einlage begrenzen. Zudem
genießen Kapitalgesellschaften im Rechtsverkehr viel Vertrauen, da bereits zu Anfang eine entsprechende Kapitalbasis vorhanden sein muss.
Interviewer:
Danke, worauf sollte man besonders bei einer Gründung achten?
Prof. Dr. Christian Stauf :
Bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft muss zahlreichen Vorschriften Rechnung getragen werden. Insbesondere sollten Gründer:Innen nicht vor der Handelsregistereintragung aktiv am
Geschäftsverkehr teilnehmen, da hier erhebliche (persönliche) Haftungsrisiken drohen. Speziell bei Gründung einer GmbH gelten in den Phasen zwischen Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages,
dessen notarieller Beurkundung und vor Handelsregistereintragung jeweils eigene Haftungsregeln, die nicht denen der endgültigen GmbH entsprechen.
Lass Sie mich aber an dieser Stelle noch ein Wort etwas weiter greifen und auf einen sehr wichtigen Punkt jenseits der gesellschaftsrechtlichen Fragen hinweisen. Gründer:innen ist dringend
anzuraten bereits vor der Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit zu prüfen, ob sie das was sie tun möchten auch tun dürfen oder ob ggf. bestimmte Schutzrechte Dritter, wie Marken, Patente oder
Designrechte dem entgegenstehen. Möglichst frühzeitig im Gründungsprozess, sollte sichergestellt werden, dass der gewählte Unternehmens- oder Produktname und das ggf. künftig verwendete
Firmenlogo auch tatsächlich benutzt werden dürfen. Andernfalls können empfindliche Sanktionen drohen, die speziell Start-ups teuer zu stehen kommen und das ganze Geschäftsmodell ins Wanken
bringen können. Idealerweise sichern Gründer:innen also bereits frühzeitig ihr Vorhaben durch eigene Marken und andere Schutzrechte ab.
Interviewer:
Was würden Sie sagen ist die am häufigsten gewählte Gesellschaftsform?
Prof. Dr. Christian Stauf:
Von besonderer Bedeutung sind sicherlich die GmbH, die große Popularität genießt. Mit der UG (haftungsbeschränkt) bietet sich Gründer:Innen eine echte Alternative, die zwar auch Nachteile mit
sich bringt, jedoch vor allem mit ihrem vergleichsweise überschaubaren Gründungsaufwand bei gleichzeitiger Haftungsbeschränkung punktet.
Interviewer:
Herr Stauf ich habe noch eine letzte Frage. Wie kann ich mich auf eine Gründung vorbereiten?
Prof. Dr. Christian Stauf:
Für die Frage, welche Gesellschaftsform die richtige ist, sollten sich Gründungsinteressierte im Vorfeld der Gründung in jedem Fall Gedanken über das eigene Geschäftsmodell, dessen Kapitalbedarf
und Risikoprofil machen. Im Vordergrund sollte dabei insbesondere die Frage stehen, ob eine haftungsausschließende Gesellschaft wirklich benötigt wird oder ob der Gründungs- und
Verwaltungsaufwand womöglich den Enthaftungsvorteil überwiegt.
Was die Zukunftsfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells anbelangt, so ist wie bereits erwähnt auch der Schutz vor fremden Schutzrechten und der Erwerb eigener Patente, Marken und Designrechte von
elementarer Bedeutung ist. Hier sollte man nichts dem Zufall überlassen.